Fernfahrer danken mit Hupkonzert

Oleg aus Belarus (mitte) ist Christ und freut sich riesig über den Besuch an seinem LKW.

Hier der Bericht für die Zeitung über unsere Weihnachtsüberraschung:

Zum vierten Mal überraschte das Netzwerk Brücken bauen an Weihnachten 50 LKW-Fahrer. Vier langweilige Tage saßen die Männer auf den Rastanlagen in Lavesum und Senden fest.

Als Oleg den Vorhang an der Fahrertür seines LKWs zur Seite zieht, reißt er erstaunt seine Augen auf: Vor ihm stehen Männer und Frauen mit Nikolausmützen und Warnwesten, dazu ein Kamerateam des WDR. Eine Dolmetscherin ruft ihm auf Russisch ‚Frohe Weihnachten‘ zu. Mit Besuch hat Oleg am Weihnachtsmorgen auf dem Rastplatz Hohe Mark West wahrlich nicht gerechnet.
Die Freiwilligen des Netzwerks Brücken bauen überreichen einen prall gefüllten Beutel mit Lebensmitteln und Geschenken. Der Fernfahrer aus dem 1300 km entfernten Grodno in Belarus kann es gar nicht fassen. Er sei katholisch und habe im Radio schon einen Gottesdienst verfolgt, erzählt Oleg. Seit vier Wochen ist der junge Mann unterwegs und wird erst in einem Monat wieder zuhause sein. Und dann erzählt er noch, dass er seit drei Jahren als Fernfahrer hauptsächlich in Deutschland unterwegs ist. An Weihnachten fehlen ihm seine Frau und sein neunjähriger Sohn ganz besonders, erfahren die Ehrenamtlichen. So groß ist seine Freude, dass er im Gegenzug gesüßte Kondensmilch, Schokolade und eine besondere Oblate verschenkt. Oleg macht noch schnell ein paar Selfies, die er an seine Frau schicken wird und nimmt jeden Freiwilligen zum Abschied fest in den Arm.

Aus einer Liste konnten die Mitglieder unseres Netzwerks auswählen, was sie spenden möchten – lauter leckere und praktische Dinge, die den Fernfahrern die Tage auf den Rastplätzen versüßen.

Enger Arbeits- und Schlafplatz
Wieviel Platz ist eigentlich in einem LKW-Fahrerhaus? Man kann zwischen Fahrer- und Beifahrersitz so gerade aufrecht darin stehen. Hinter einem Vorhang verbirgt sich ein schmales Bett und etwas Stauraum für Gepäck, Vorräte und einen kleinen Kühlschrank. Das bedeutet Arbeiten und Leben auf engstem Raum. Mit dieser Info startete die Spendenaktion für Fernfahrer Anfang Dezember in der Whatsappgruppe des Netzwerks Brücken bauen. Aus einer Liste konnten die 160 Mitglieder auswählen: Kaffee, Tee, Schokolade, Bechersuppen und weitere nützliche Dinge. Am Ende sind 50 Zugbeutel mit Leckereien und einem praktischen Duschtuch gefüllt.
Verteilt werden die Beutel von einem Dutzend Brückenbauerinnen und -bauern an den Rastanlagen in Lavesum, Rödder und am Autohof in Senden. An vielen LKW, die dort an diesem trüben Weihnachtsmorgen stehen, schirmen zugezogene Vorhänge das Zuhause der Fahrer vor neugierigen Blicken und hellen Scheinwerfern ab. In diesem Jahr sitzen sie hier für mindestens vier Tage fest. Es sind Tage der Sehnsucht nach der Familie und der Langeweile. Dazu drückt der andauernde Regen aufs Gemüt.

Dank über Facebook
In kurzen Gesprächen erfahren die Brückenbauerinnen und -bauer woher die Männer kommen, wie lange sie unterwegs sind und was sie transportieren. Viele Fahrer stammen aus Belarus, andere sind in Rumänien, Serbien, der Ukraine, der Türkei und einer ist sogar in Finnland zuhause. Die meisten feiern eher das orthodoxe Weihnachten im Januar, sind Muslime oder hängen keinem Glauben an. Trotzdem ist die Freude, in ihrer Situation wahrgenommen zu werden, sehr groß.
In diesem Jahr stimmen die Zahl der Beutel und der geparkten LKW genau überein, kein Fahrer geht leer aus. Im Nieselregen verabschieden sich die Ehrenamtlichen auch vom Kamerateam des WDR, das die diesjährige Aktion für die Aktuelle Stunde und wdr.de begleitet hat.

Ein Team des WDR begleitete unsere Aktion und berichtete in der Aktuellen Stunde und im Internet: https://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/lkw-fahrer-weihnachten-autobahnraststaette-100.html

Die schönsten Momente
Als sich die Netzwerker mit einem wohligen Weihnachtsgefühl in ihren Herzen auf den Heimweg machen, geht es in der WhatsApp-Gruppe noch ein wenig hin und her. Gab es einen besonderen Moment an diesem Vormittag? Drei Antworten:
„Die ganze Aktion war besonders, einfach den Menschen eine Freude zu bereiten, ohne Erwartungshaltung, eben weil man Freude auch verschenken kann!“
„… der ukrainische Fahrer, der nicht über die Grenze zur Ukraine darf, da er dann nicht mehr zurückkann. Und er muss doch Geld verdienen für seine Frau und die drei Kinder, die in der Ukraine sind.“
„… als wir am letzten Parkplatz mit Hupkonzert und Lichthupen verabschiedet wurden.

Da hat längst Vasia, ein Fahrer aus der Ukraine, in der Halterner Facebookgruppe gepostet: „Danke an die wunderbaren Menschen in Haltern am See für ihre gute Laune und ihre Geschenke, danke, dass sie uns die Freude an Weihnachten fern der Heimat spüren lassen. Danke für Ihr Verständnis für unseren Beruf und entschuldigen Sie, dass wir Ihnen manchmal auf der Straße in die Quere kommen. Fröhliche Weihnachten!“

Mit den Jahren lernen wir dazu: Nikolausmützen signalisieren auf den ersten Blick, dass wir in „friedlicher Mission“ unterwegs sind.

Kontakt zum Netzwerk
„Brücken bauen“ ist ein Netzwerk für soziales und ehrenamtliches Engagement mit 160 Engagierten in Haltern am See. Es funktioniert unkompliziert über eine WhatsApp-Gruppe. Weitere Infos gibt es unter www.bruecken-bauen-haltern.de und bei Thomas Knuth, thomas.knuth52@gmail.com, Tel. 0151-53574544 und Gerburgis Sommer, ger-sommer@web.de, Tel. 0157-73184748.